Es gibt für alles eine App

Dinge verschwinden aus unserem Leben. Dinge, die wir aus unserer Kindheit kennen und liebgewannen. Dinge wie Teppichstangen für die Klimmzüge (nicht, dass ich als Kind an selbigen Klimmzüge gemacht hätte, war ich doch eher unsportlich) und Telefonzellen (ja, die Dinger, in denen Clark Kent zu Superman wird). Der gute alte rote Doppeldecker in London verschwand auch und musste neuen roten Doppeldeckern weichen. Clark Kent kann also nicht mehr auf dem Weg von der Mülltonne zu seiner Wohnung eine Trainingseinheit an der Teppichstange einlegen und auch nicht mal eben schnell mit Schlüpfer über der Strumpfhose die Welt retten. Muss er auch nicht. Denn es gibt für alles eine App.

Ja, es gibt für alles eine App. Das versprach uns vor wenigen Jahren ein Computerhersteller aus Cupertino, dessen Firmenlogo angebissenes Obst ist. Also ist alles im grünen Bereich. Meine Muse wies mich auch noch einmal darauf hin. Das ist der eine kleine Denkfehler, den ich gestern machte, als ich über die Ohnmacht der Weltenretter schrieb.

Das Fehlen der Telefonzellen spielt also keine Rolle. Wenn eine Katastrophe droht, zückt Clark Kent sein Eifon, ruft die Telefonzellen-App auf, der Hologrammemitter seines mobilen Kommunikationscomputers projiziert eine Telefonzelle. In der kostenlosen Version gibt es leider nur die Variante „Deutsche Telekom 1982”. Deshalb, werter Mr. Kent, kaufen Sie sich am besten die Pro-Variante mit 37 zusätzlichen Modellen für nur $29,96 oder noch besser die Ultimate-Edition für $2.998,36, bei der die Skins der Zellen frei wähl- und anpassbar sind. Für nur $800,22 können Sie auch noch ein optionales Graffiti-Paket erwerben. In dieser Holo-Telefonzelle kann sich Mr. Kent dann umziehen und in Superman verwandeln. Ein Kleiderschrank-AddOn liegt inzwischen in einer frühen Beta-Version vor. Allerdings können hier absturzbedingt noch die eingeräumten Kleider verschwinden.

Der viel zu laute Überschallflug ist ebenfalls kein Problem. Hierfür gibt es die brandneue Teleporter-App. Für Android ist diese sogar kostenlos. Der Nutzer hat hierbei die Wahl zwischen einem Kurzstreckentransport, bei dem das Datenaufkommen geringer ist oder dem Standardtransport. Achten Sie hierbei möglichst darauf, ein ausreichendes Restinklusivhighspeeddatenvolumen zu haben, damit der Transport nicht wegen Überschreitung des Hochgeschwindigkeitsvolumens höhere Gebühren verursacht oder nur zeitraubend mit GPRS-Tempo abläuft.

Für die Rettung von eingschlossenen Personen aus brennenden Häusern ist dem modernen Superhelden übrigens ein Windows-Phone zu empfehlen.

Und hier haben wir am Ende auch den Grund dafür, dass die Welt entgegen allen Unkenrufen untergehen wird. Es gibt für alles eine App. Ich habe eine für den Weltuntergang.

Dieser Beitrag wurde in Allgemein hinterlassen und mit markiert. Setzen Sie den Permalink als Lesezeichen.

Hinterlasse eine Antwort

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind markiert *


vier × = 12

Du kannst folgende HTML-Tags benutzen: <a href="" title=""> <abbr title=""> <acronym title=""> <b> <blockquote cite=""> <cite> <code> <del datetime=""> <em> <i> <q cite=""> <s> <strike> <strong>