Der Tag nach … gestern

Es ist Samstag der 22. Oktober 2011, 00:49 Uhr. Jetzt in diesem Augenblick, da ich anfange, dies zu schreiben. Nachher … Nachher, wenn ihr es lest, ist es natürlich später. Vielleicht.

Ganz sicher ist es nicht, ob es dann später ist. Ganz sicher ist nicht einmal, dass ihr dieses Dokument lesen werdet. Schließlich ist die Welt untergegangen. Ich werde mir ein T-Shirt basteln: “Ich habe den Weltuntergang überlebt und alles, was ich bekam, war dieses lausige T-Shirt.”

Ja, ich muss schon sagen, der Weltuntergang war wirklich ein Knaller. Es passierte so wahnsinnig schnell, dass ich gar nicht bemerkte, dass die Welt unterging. Vielleicht ist das auch der Grund, weshalb ich den Weltuntergang überlebte. Ich habe einfach noch gar nicht bemerkt, dass wir alle tot sind. Aber das ist schon OK. Ich werde es einfach weiterhin nicht bemerken. Ich werde den Weltuntergang und den damit einhergehenden allgemeinen Exitus einfach mit Ignoranz strafen.

Überhaupt: Wenn man stirbt und den Tod einfach ignoriert – lebt man dann weiter? Aber nein, das gehört nicht hierher.

Wenn wiederum die Welt untergegangen ist, welche Auswirkungen hat das dann? Ich werfe einen Blick auf die Uhr. Es sind inzwischen 10 Minuten vergangen. Aber läuft die Zeit nach dem Weltuntergang eigentlich weiter? Oder ist das Vergehen dieser 10 Minuten nur Illusion? Hat die Uhr auch einfach nur nicht bemerkt, dass es keine Zeit mehr gibt? Oder gibt es die Zeit noch, weil ich ja den gestrigen Weltuntergang überlebt habe?

Wie ist das mit der Zeit? Wenn im Wald ein Baum umfällt und niemand ist im Wald, der etwas hört: Gibt es dann ein Geräusch? Wenn niemand da ist, der die Sekunden zählt, weil ja alle Menschen zusammen mit der Welt untergingen: Gibt es dann die Zeit noch? Oder steht die Zeit dann still.

Ich bin sogar bereit, dies noch weiter zu treiben: Wenn die Erde an sich zwar intakt ist, die Menschheit aber aufgrund des Weltunterganges verschwunden ist und nunmehr niemand mehr die Erde wahrnimmt und betrachtet: Existiert die Erde dann noch?

Rein prinzipiell eröffnet dies übrigens eine weitere Möglichkeit, wie die Erde untergehen kann. Der Mensch entwickelt riesige Einstein trotzende Raumschiffe und die gesamte Menschheit verlässt diesen Planeten. Niemand ist mehr hier, niemand sieht auf die Erde. Die Welt existiert dann also nicht mehr. Was? Sie existiert sehr wohl noch? Ich müsse nur hinschauen? Tatsache, da ist sie. Aber die Voraussetzungen stimmem nicht mehr. Denn die Erde wird nunmehr beobachtet. Durch ein Teleskop zwar, aber wir betrachten sie. Schaut niemand hin, ist sie weg. Das ist wie mit den Kühlschränken. Sobald die Tür zu ist, toben die Lebensmittel rum. Oder auch nicht. Eigentlich sind sie ja weg, weil nicht beobachtbar. Erst wenn die Tür geöffnet wird, sind sie wieder da. Ist das Licht eigentlich wirklich aus bei geschlossener Tür? Oder ist es im geschlossenen (Kühl)Schrank gar hell, weil ja die Dunkelheit nicht beobachten werden kann?

Nun, wende ich diese These wiederum auf meine jetzige Situation an, komme ich zu dem Schluss, dass die Welt gar nicht untergegangen sein kann. Ich beobachte sie ja noch. Dieser amerikanische Prediger hatte also wieder einmal unrecht. Die Welt ist nicht untergegangen. Solange ich sie betrachte, ist sie da. Ja, liebe Untergangsgemeinde, solange ich die Welt beobachte, geht sie nicht unter. Ob Chuck Norris das auch kann?

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